In einer Gesamtwürdigung der Aussagen des Beschuldigten und der Frau ergibt sich kein klares Bild der Ereignisse, wie aus den Erwägungen des Obergerichts hervorgeht. Während die Aussagen des Beschuldigten teilweise vage geblieben seien, seien auch die Aussagen der Frau «sehr kurz und detailarm».
Insgesamt kann gemäss Obergericht zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass sich der Vorfall, wie von der Frau geschildert, abgespielt hatte und der Beschuldigte den Geschlechtsverkehr am Neujahrsmorgen 2021 an der noch schlafenden Frau vollzogen hatte.
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Allerdings verblieben nicht unerhebliche Zweifel daran, dass der Geschlechtsverkehr doch einvernehmlich, möglicherweise zwar unter dem Einfluss von Drogen vonstattengegangen sei und im Nachgang von der Frau bereut worden sei.
Der Schändung strafbar macht sich gemäss Strafgesetzbuch, wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht.
Als widerstandsunfähig gilt demnach eine Person, die nicht im Stande ist, sich gegen ungewollte sexuelle Kontakte zu wehren, weil sie ihren Abwehrwillen nicht wirksam fassen oder äussern oder in einen Abwehrakt umsetzen kann.
Zeugin bleibt Verhandlung fern
Im Urteil des Obergerichts heisst es weiter, die Zeugin sei trotz zweimaliger Vorladung, welche jeweils polizeilich zugestellt worden seien, nicht an die Berufungsverhandlung erschienen. Daher sei es für das Obergericht unmöglich gewesen, die Unklarheiten in den Aussagen der Frau zu klären und die verbliebenen Zweifel auszuräumen.
Unter diesen Umständen habe ein Freispruch «in dubio pro reo» («im Zweifel für den Angeklagten») zu erfolgen und die Berufung der Staatsanwaltschaft erweise sich als unbegründet, heisst es im Urteil.
Der amtliche Verteidiger des Mannes erhält für die Berufung ein Honorar von 4450 Franken und für das erstinstanzliche Verfahren vor Bezirksgericht Zurzach ein Honorar von knapp 13'2000 Franken. Diese Kosten übernimmt der Staat, ebenso die gesamten Verfahrenskosten. (Urteil SST.2023.231 vom 13.08.2024)