Die Idee von Titus Meier ist durchaus brisant: In einer Motion von Ende August fordert der FDP-Grossrat die Einführung einer Abschlussprüfung nach dem Ende der Volksschule. Meier, der selber als Lehrperson an der Bezirksschule in Brugg unterrichtet, begründete seine Idee unter anderem damit, dass sich die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler mit einer Abschlussprüfung besser vergleichen liessen als mit reinen Zeugnisnoten. Denn: Was ein Notenwert aussage, liege in der Freiheit der einzelnen Schulen, schrieb Meier im Spätsommer. «Bislang gibt es kein Instrument, mit dem sich die Zielerreichung überprüfen liesse.»
Nun nimmt der Regierungsrat Stellung zur Motion – und erteilt Meier eine deutliche Absage. «Der Regierungsrat erachtet die Forderung der Motion bereits als erfüllt», schreibt die Aargauer Exekutive. Sie beantragt die Motion zur Abschreibung.
Eine Abschlussprüfung gibt es längst
Das Hauptargument der Aargauer Regierung: Was die Motion fordert – ein Instrument zur Überprüfung der Zielerreichung –, gibt es längst. Und zwar in Form der sogenannten Checks. Seit dem Schuljahr 2016/2017 können Lehrpersonen in der Nordwestschweiz standardisierte Leistungstest in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik sowie Natur und Technik mit ihren Schülerinnen und Schülern durchführen. Der Check S3 am Ende Oberstufe eignet sich «hervorragend dazu, die Zielerreichung zu überprüfen», schreibt der Regierungsrat.
Weiter argumentiert der Regierungsrat mit einer früheren Prüfung mit langer Tradition im Aargau. Rund 50 Jahre lang schlossen Bezirksschülerinnen und -schüler ihre Schulzeit mit der Bezirksabschlussprüfung (BAP) ab. 2016 wurde diese zum letzten Mal durchgeführt. Die Regierung verweist auf eine unabhängige Studie zur BAP, welche um die Jahrhundertwende durchgeführt worden ist. Das Ergebnis: Die BAP gibt keinerlei transparente Informationen, inwieweit die Schülerinnen und Schüler die Lernziele auch tatsächlich erreicht haben.
Ein solcher Befund sei bezeichnend für kantonale, stufenspezifische Prüfungen, schreibt der Regierungsrat. «Solche Prüfungen sind in ihrer Aussagekraft begrenzt.» So kommt die Regierung zum folgenden Schluss: «Im Schaffen einer zusätzlichen kantonalen Abschlussprüfung für alle drei Schultypen erkennt der Regierungsrat keinen Mehrwert zum Check S3.»
Meier ist unzufrieden mit der Regierungsantwort
Dementsprechend unzufrieden ist Motionär Titus Meier mit der Antwort der Regierung. «Den Antrag, die Motion in ein Postulat umzuwandeln, hätte ich besser verstanden.» Er will nun kritische Nachfragen stellen.
Das Wort Abschlussprüfung sei bewusst offen gewählt gewesen, sagt Meier. «Es hätten auch andere Formate in Frage kommen können.» Er nennt etwa eine mündliche Prüfung oder eine Präsentation mit gleichem Aufgabentyp und gleichem Bewertungsraster als mögliche Beispiele. «So könnten auch andere Skills der Schülerinnen und Schüler geprüft werden. Der Check S3 ist ein Online-Test mit eingeschränkten Aufgabentypen, beispielsweise Multiple Choice.»
Die Argumentation der Regierung, der Check S3 erfülle seine Forderung nach einem Instrument zur Überprüfung der Lernziele am Ende der Volksschule bereits, überzeugt Meier nicht. «Der Check S3 übernimmt diese Aufgabe nicht», sagt er. Er bemängelt die unterschiedliche Durchführung des Checks S3 in den Schulen. «Teils können sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig helfen, Hilfsmittel benutzen oder gar googeln. Vergleichbar sind die Ergebnisse des Checks so nicht.» Für ihn fehlt eine verlässliche Rückmeldung am Ende der Volksschule, ob die Bildungsziele erreicht wurden.
Doch auch die Regierung sieht in diesem Punkt durchaus Handlungsbedarf: Die Checks würden noch nicht an allen Schulen wie vorgesehen genutzt, insbesondere der Mehrwert des Checks S3 sei noch zu wenig erkannt, heisst es in der Antwort der Exekutive. «Es ist nun Aufgabe der Schulen, sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Instrumenten eingehend auseinanderzusetzen. Dazu gehört auch die regelkonforme Durchführung der Checks, wie sie für alle Schulen vorgegeben ist.» Man wolle die Motion zum Anlass nehmen, Wege zu finden, wie die Volksschulen bei der Interpretation der Checkergebnisse noch besser unterstützt werden können.
(David Walgis/Aargauer Zeitung)