Schweiz

«Automatisch aktiviert»: Sunrise versucht Kunde mit Opt-Out-Angebot um Finger zu wickeln

«Automatisch aktiviert»

Sunrise bringt Kunde mit dreistem Angebot zum Ausrasten

· Online seit 02.07.2024, 04:45 Uhr
Der Telekom-Anbieter Sunrise versuchte Kunde Jörg Buckmann mit einem Rabatt-Angebot um den Finger zu wickeln. «Das ist eine bodenlose Frechheit», sagt er. Die Sunrise sieht darin hingegen eine nette Geste für viel beschäftigte Business-Leute.
Anzeige

Im neusten Abo-Rating ist Sunrise das Schlusslicht. Die Kundinnen und Kunden gaben dem Telekom-Anbieter in einer Umfrage des Internet-Vergleichsdiensts Moneyland gerade einmal 7,1 von möglichen zehn Punkten. Alles andere als gepunktet hat Sunrise kürzlich auch bei Jörg Buckmann.

Am 20. Juni erhielt der Personalexperte eine SMS, das ihm als Dank für seine Treue «lebenslang!» ein Abonnement namens Business Ready mit 50 Prozent Rabatt «für nur» fünf Franken anstatt zehn Franken pro Monat anbot.

Das Abo beinhaltet unter anderem zwei zusätzliche Daten-SIM-Karten und einen kostenlosen Infrastruktur-Check – für Jörg Buckmann uninteressant. Beinahe habe er die SMS gelöscht, sagt der Sunrise-Business-Kunde. Leicht zu übersehen ist im Opt-Out-Angebot die Info: «Die Option wird in sieben Tagen automatisch aktiviert.» Im Falle eines Verzichts forderte die SMS auf, einen entsprechenden Link anzuklicken.

«War dermassen ausser mir vor Wut»

Die SMS brachte Buckmann auf die Palme. Sowas habe er noch nie erlebt, sagt er. «Es ist eine bodenlose Frechheit, dass ich mich als Kunde aktiv bemühen muss, um nicht für einen ungefragten Service bezahlen zu müssen.»

Buckmann war derart aufgebracht, dass er auf die SMS antwortete. «Ich schrieb: ‹Ist das Ihr Ernst?›» Darauf habe er sich bei der Hotline beschwert. «Ich war dermassen ausser mir vor Wut, dass ich den Callcenter-Mitarbeitenden abkanzelte.» Der junge Herr sei aber sehr professionell geblieben und mache einen guten Job, lobt der Personalexperte. «Es ist unfair, dass die Mitarbeitenden der Hotline den Frust der Kundinnen und Kunden abbekommen – sie machen diese Angebote ja nicht.»

«Einfach nur frech»

Seinem Ärger machte Buckmann auf dem Business-Netzwerk Linkedin Luft. In über 60 Kommentaren teilen User seinen Unmut. «Einfach nur frech», «unglaublich! Und oft genug überfliegt man so ein Zeug ...» oder «verleiht Sunrise GmbH einen sehr faden Geschmack bezüglich Ehrlichkeit und Fairness», lauten empörte Kommentare.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

Andere User scherzen etwa: «Geiles Geschäftsmodell. Wenn du die nicht bestellte, regelmässig gelieferte Ware oder den Service nicht willst, musst du ausdrücklich abbestellen.» Manche User fragen sich, ob das Vorgehen überhaupt legal ist.

Aktive Zustimmung sei nötig

Die Stiftung für Konsumentenschutz kritisiert die SMS der Sunrise scharf. Zusatzdienstleistungen sollten nur aktiviert werden, wenn der Kunde diese explizit wünsche, sagt André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft auf Anfrage. «Die nicht gewünschte Option auch noch als ‹Treuegeschenk› anzupreisen, ist dreist.»

Sunrise will laut Bähler mit der SMS eine kostenpflichtige Vertragsänderung unter dem Deckmäntelchen eines Treuerabatts forcieren. Kundinnen und Kunden, die den Treuerabatt nicht ablehnten, haben keine Kosten zu befürchten. Bähler: «Wenn diese Option ohne das Zutun der Sunrise-Kundinnen aktiviert wird, sind diese unserer Einschätzung nach nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen.» Sunrise müsste eine aktive Zustimmung zur Vertragsänderung einholen. «So wie es die anderen grossen Mobilfunkanbieter bei ihren Angeboten auch handhaben.»

Die Stiftung empfiehlt Konsumentinnen und Konsumenten, zuerst bei der Sunrise zu reklamieren. «Zeigt diese keine Einsicht, kann eine Beschwerde bei der Ombudscom eingereicht werden.» Dabei handelt es sich um die Schlichtungsstelle Telekommunikation.

«Erstatten die Gebühren zurück»

Die Sunrise sieht im Opt-Out-Angebot dagegen eine nette Geste. «Selbstverständlich ist es nicht unsere Absicht, eine Kundin oder einen Kunden zu verärgern. Falls es der Kunde im vorliegenden Fall dennoch so empfindet, tut uns das leid», sagt Sunrise-Mediensprecher Rolf Ziebold. Ihre Absicht sei das Gegenteil. «Wir erhalten in Umfragen regelmässig das Feedback, gerade Geschäftskundinnen und -kunden wünschten einen proaktiven Ansatz zu Angeboten, die ihnen einen hohen Mehrwert böten und von denen sie besonders profitieren könnten.» Dies deshalb, weil sie nicht die Zeit hätten, neue Angebote regelmässig anzuschauen, aber trotzdem profitieren wollten.

Der Telekom-Anbieter will niemanden zu Unrecht zur Kasse bitten. Selbstverständlich sei niemand verpflichtet, die Option zu behalten oder zu bezahlen, sagt Rolf Ziebold. Er verspricht: «Wir nehmen Abmeldungen auch nach Wochen entgegen und erstatten die Gebühren zurück. Die Option ist später ferner monatlich kündbar.»

veröffentlicht: 2. Juli 2024 04:45
aktualisiert: 2. Juli 2024 04:45
Quelle: ZüriToday

Anzeige

Mehr für dich

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch