Es gibt diesen kultigen Werbeclip eines türkischen Erfinders, der einen Döner-Roboter erfunden hat. «Der Gerät wird nie müde. Der Gerät schläft nie ein. Der Gerät ist immer vor der Chef im Geschäft», sagt der Erfinder. Die Worte treffen auch auf Nino Schurter zu, den Olympiasieger von 2016, zehnfachen Weltmeister und Weltcup-Rekordsieger, dessen Karriere aber nicht mehr ewig dauern wird.
Nino Schurter, Sie sind der erfolgreichste Mountainbiker und auch an Ihren fünften Olympischen Spielen ein Medaillenanwärter. Was sind die wichtigsten Puzzleteile für diesen lang anhaltenden Erfolg?
Nino Schurter: Etwas vom Wichtigsten ist, dass man die Balance findet, dass man sich nach Efforts auch immer wieder Zeit gibt für die Erholung. Das ist mir in den letzten Jahren sehr gut gelungen. Ich schaffte es, die ganze Saison so zu planen und zu gestalten, dass ich auch immer wieder Zeit hatte dazwischen, um zu Verschnaufen. Auch im Training ist es ein Balanceakt herauszufinden, wie viel es leiden mag und wie oft man sich eine Pause nehmen sollte. Diese Gratwanderung ist mir in den letzten Jahren sehr gut geglückt. Ich bin sehr froh, dass ich so eine lange Karriere haben kann.
Mit 38 Jahren ist diese Gratwanderung noch schwieriger. Wo merken Sie das Alter?
Am meisten merke ich es beim Schlaf. Wenn ich zum Beispiel sehr hart trainiert habe, schlafe ich nicht mehr gleich gut wie früher. Die Erholung verläuft nicht mehr gleich, darauf muss ich mehr achten. Ich weiss nicht, ob ich diesen Punkt früher ein bisschen vernachlässigt habe. Mittlerweile weiss ich auf jeden Fall, wie wichtig guter Schlaf für die Erholung ist. Das ist der wesentlichste Punkt im Alter.
Jetzt stehen Sie vor der fünften Olympia-Teilnahme. Was für Emotionen verspüren Sie?
Ich habe eine riesige Freude und bin extrem dankbar dafür. Wenn ich zurückdenke an Peking (2008 - die Red.), kommt es mir vor, als wäre das eben erst gewesen, und jetzt sind es dann schon die fünften Spiele. Das ist verrückt. Jede dieser Teilnahmen ist mit Erinnerungen verbunden, die ich nie vergessen werde. Jetzt freue ich mich mega auf die fünften Spiele, auch deshalb, weil ich mich immer noch top fühle und ich immer noch Medaillenchancen habe.
Sind es definitiv Ihre letzten Sommerspiele?
Also alles andere würde mich schwer überraschen. In Los Angeles wäre ich 42 Jahre alt, da muss ich schon realistisch sein. Von daher: Ja, es werden, glaube ich, die letzten sein.
Und ist die laufende Saison bereits die letzte?
Das weiss ich noch nicht ganz sicher. Momentan macht es noch extrem viel Spass, und ich merke, dass ich noch Erfolg habe und vorne mitmischen kann. Das ganze Setting passt für mich sehr gut. Solange ich diese Freude habe, will ich weitermachen. Wie lange das noch ist, weiss ich nicht genau.
Was verspüren Sie für Emotionen vor Paris? Fühlt es anders an als vor früheren Spielen im Wissen, dass es wohl die letzten sind?
Es fühlt sich schon ein bisschen anders an als noch vor zwei, drei Jahren. Ich schätze das Ganze jetzt viel mehr. Eine Zeitlang spulte ich vieles gewissermassen ab, das Karriereende sah ich lange nicht. Nun weiss ich, dass ich viele Sachen vielleicht zum letzten Mal mache und dass es vielleicht meine letzten Olympischen Spiele sind. Ich glaube, dadurch kann ich die Dinge mehr geniessen.
In Paris scheint eine Medaille für Sie realistisch, aber Sie sind nicht mehr der Topfavorit. Mit welchem Ziel gehen Sie an die Spiele?
Eine Medaille muss das Ziel sein, wenn man als Schweizer Mountainbiker an diese Spiele geht. Ich glaube, das habe ich auch noch in mir - auch dass ich noch um den Sieg mitfahren kann, wenn alles zusammenkommt. Das Ziel ist ganz klar eine Medaille, und wenn ich keine holen würde, wäre das auch ein wenig eine Enttäuschung. Aber ja, mir ist auch bewusst, dass ich immer mehr auf einen perfekten Tag angewiesen bin, damit es aufgeht.
Der Frühling war geprägt von einem harten internen Ausscheidungskampf um die nur zwei Olympia-Startplätze. Den Zuschlag erhielt neben Ihnen Mathias Flückiger. Was bedeutet das für Sie?
Olympia ist ein sehr exklusives Rennen, besonders für Fahrer aus Nationen wie der Schweiz. Die Qualifikation ist eine Challenge und bitter für die, die es nicht schaffen. Es war wichtig, diese Phase zu überstehen und dabei nicht schon alle Körner liegen zu lassen. Das ist mir zum Glück gelungen.
Die Konstellation mit Ihnen und Flückiger birgt Zündstoff. Wie ist das Verhältnis zwei Jahre nach dem Vorfall im Zauberwald von Lenzerheide?
Wir sind sicher nicht die dicksten Freunde und das stärkste Team zusammen, aber wir sind beide erwachsene Männer und wissen, dass wir in Paris die Schweiz vertreten. Natürlich versuchen wir, das Beste herauszuholen.
Ende Mai traten Sie an einem PR-Termin gemeinsam mit Roger Federer auf. Worüber unterhält sich eine Mountainbike-Legende mit einer Tennis-Legende?
Wir haben uns vor allem über unsere Videoserien unterhalten, die wir beide vor Kurzem herausgebracht haben - er seine Doku über die letzten zwölf Tage seiner Karriere, ich etwas Ähnliches, nur nicht ganz auf dem gleichen Level. (schmunzelt) Das war sehr spannend. Es sind zwei verschiedene Welten, aber wir sind beide Sportler. Es war das erste Mal, dass wir etwas länger Zeit hatten. Davor waren wir uns nur an den Sports Awards flüchtig begegnet.
Hatte Federer auch einen Tipp für Sie vor den Olympischen Spielen?
Über die Spiele haben wir nur kurz gesprochen. Darüber, dass man akzeptieren muss, dass es dort nicht gleich ist wie sonst, dass man die speziellen Gegebenheiten annehmen und sich auf sich konzentrieren muss.
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(sda/roa)