«Es ist ganz klar: Work-Life-Balance ist bei unseren Mitarbeitenden ein grosses Thema», sagt Ruzica Dujmic, Direktorin der Hotels Trafo und Blue City in Baden. Deshalb wollte auch sie ihrem Team etwas bieten. Eine 4-Tage-Woche, wie sie beispielsweise eine Aargauer Baufirma aus Schinznach-Dorf einführte, ist in einem Hotel mit 7-tägigem Betrieb aber nicht möglich. «Es ist für uns schon eine Herausforderung, die 5-Tage-Woche einzuhalten.» Fällt jemand krankheitsbedingt aus, dann müsse Ersatz her, so Dujmic. Doch wo soll dieses Personal aufgetrieben werden? Deshalb wurde der Badener Hotelbetrieb kreativ und suchte nach neuen Ansätzen. Die Lösung: Die Wochenarbeitszeit für die 15 Mitarbeitenden von 42 Stunden auf 38,5 Stunden reduzieren – und dies bei gleichbleibendem Lohn.
Hoteldirektorin Ruzica Dujmic legt viel Wert auf die Work-Life-Balance der Belegschaft.
Ein neuer Ansatz in der Aargauer Hotellerie, der auch Gastro Aargau, der kantonale Verband für Hotellerie und Restauration, so nicht kennt. Präsident Bruno Lustenberger hat keine Kenntnisse über weitere Aargauer Hotels, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen: «Ich kenne Betriebe, die eine 4-Tage-Woche eingeführt haben, wobei die 42-Stunden-Woche aber bleibt. Oder Betriebe, die beim Lohn ansetzen und mehr als den Mindestlohn bezahlen.»
Pilotprojekt dank Digitalisierung und Roboter
Im Oktober haben die beiden Hotels Trafo und Blue City, welche zur Cachet Hotel Collection gehören, diese 38,5-Stunden-Woche nun als Pilot eingeführt. Doch zuvor mussten einige Prozesse angepasst und optimiert werden, um dieses neue Arbeitszeitmodell überhaupt einführen zu können, wie die Hoteldirektorin gegenüber ArgoviaToday erklärt. «Wir haben beispielsweise die Übergabezeit des Früh- und Spätdienstes von einer Stunde auf 15 Minuten gekürzt. Zudem gibt es neu ein Online-Check-in-Tool, wo die Gäste bereits im Voraus einchecken und den Zimmerschlüssel auf ihr Smartphone laden können.»
Durch die Lobby im Trafo Hotel flitzen seit Anfang Oktober Roboterstaubsauger, um die kürzere Arbeitswoche zu realisieren.
So können die beiden Hotels viel Zeit beim Eintritt der Gäste sparen. Das Personal kann währenddessen anderen Aufgaben nachgehen. Und im Housekeeping-Bereich flitzen deshalb nun auch Roboter durch die Lobby und saugen den Boden. «So können wir für die entsprechenden Mitarbeitenden eine Stunde Zeit einsparen», erklärt Ruzica Dujmic. Diese und weitere Anpassungen wurden vorgenommen, um mit dem 38,5-Stunden-Wochen-Pilotprojekt zu starten.
Positives Feedback der Belegschaft
Drei Wochen später kann Direktorin Dujmic bereits ein positives Fazit ziehen, die neue Arbeitszeit kommt bei der Belegschaft sehr gut an. Ihr Team müsse nicht mehr leisten, weil die neue Arbeitszeit durch die Prozessoptimierungen auf die Auslastung der Mitarbeitenden abgestimmt werden konnte. Also keine Spur von mehr Druck im Team? «Im Gegenteil, alle finden die neue Wochenarbeitszeit super! Ich habe sogar das Gefühl, dass alle motivierter und speditiver arbeiten.»
Eine Reduktion der Wochenarbeitszeit von 42 auf 38,5 Stunden scheint zwar banal, wirkt sich im Arbeitsalltag aber sehr entlastend aus. Im Fall der beiden Hotels startet der Frühdienst anstelle von 6 Uhr neu um 6.45 Uhr. «Für mein Team bedeutet das 45 Minuten mehr Schlaf. Jeder, der bereits einmal in einem Morgendienst gearbeitet hat, weiss, wie stark sich das auf das Gemüt auswirkt», erklärt Ruzica Dujmic. Und der Spätdienst, der zuvor um 14 Uhr mit der Arbeit startete, beginnt neu um 14.45 Uhr. Durchschnittlich sparen die zwölf Mitarbeitenden so rund 45 Minuten Arbeitszeit pro Tag ein.
Der Pilot dauert jetzt noch bis Ende Monat, danach wird nochmals analysiert und allfällige Fehler im neuen Arbeitszeitmodell behoben. Später soll die 38,5-Stunden-Woche dann auch im Limmathof in Baden und in der Kettenbrücke in Aarau eingeführt werden. Diese beiden Hotels gehören ebenfalls zur Cachet Hotel Collection.
