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Einheitsbrei in den Charts? Der Eindruck täuscht nicht

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Einheitsbrei in den Charts? Der Eindruck täuscht nicht

· Online seit 13.07.2024, 13:22 Uhr
Immer simplere Melodien über zunehmend einheitlichen Akkordfolgen: Originalität ist in der Musikbranche kaum mehr anzutreffen. Das hat Folgen, wenn es um den Schutz der Urheberrechte geht.
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Hast du manchmal auch das Gefühl, Melodien in modernen Songs werden immer einfacher, ja fast schon austauschbar? Dieser Eindruck täuscht nicht.

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Eine Studie der Queen Mary Universität in London hat dazu Top 5 Chart-Songs zwischen 1950 und 2022 untersucht. Das Ergebnis ist eindeutig: Neuere Songs haben simplere Melodien als ältere, wie der «Guardian» schreibt. Untersucht wurden über 350 Songs, darunter solche von Elvis Presley, den Beatles, Madonna, Lady Gaga und Beyoncé.

Andere Aspekte werden komplexer

Gemäss den Forschenden habe die Komplexität der Melodien kontinuierlich abgenommen. Das heisse jedoch nicht, dass die Musik – oder die Hörer – verdummen. Madeline Hamilton, Co-Autorin der Studie, vermutet vielmehr, dass andere Aspekte der Musik komplexer werden. Früher sei typischerweise nur eine Handvoll Instrumente eingesetzt worden. Das habe dazu geführt, dass die Stimme die Komplexität in die Musik gebracht habe – sprich, etwas virtuosere Melodien gesungen worden seien als heute.

Die «Schuldigen» scheinen gemäss den Studienautoren auch schon ausgemacht: Das Aufkommen von Stadion-Rock Mitte der 70er Jahre und von Hip-Hop vor der Jahrtausendwende. Beide Genres nutzten simple Melodien und häufige Wiederholungen von Songelementen.

Auch Akkordfolgen immer ähnlicher

Doch nicht nur die Melodien werden zunehmend simpler. Auch bei Akkorden gehen viele Künstlerinnen und Künstler mittlerweile kaum mehr Risiken ein. Stattdessen verwenden die meisten Akkordfolgen, die bereits in anderen Songs funktioniert haben.

Spanische Wissenschaftler haben bereits 2012 festgestellt, dass die Vielfalt an Akkorden und Melodien beständig zurückgegangen ist. Die Forscher sprechen gar von einer nicht stattfindenden Entwicklung und einer Schablonenhaftigkeit der westlichen Popmusik.

Mit der Folge, dass viele Songs inzwischen so ähnlich tönen, dass die Frage nach Urheberrechtsverletzungen nicht mehr einfach zu beantworten ist. Ed Sheeran stand im vergangenen Jahr deswegen vor Gericht. Er konnte sich jedoch auf die Argumentation stützen, dass es zwar durchaus Ähnlichkeiten zwischen seinem Song «Thinking Out Loud» und «Let's Get It On» gebe, dasselbe treffe aber auf unzählige Songs zu. Denn in vielen Liedern würden dieselben vier Akkorde verwendet – und das auch noch in derselben Abfolge.

Gemäss eigener Aussagen habe der Musiker im Prozess zur Veranschaulichung Dutzende Songs vorgespielt, die seinem Lied in Melodie, Rhythmus und Akkorden zum Verwechseln ähnlich klingen. Wohlgemerkt, um aufzuzeigen, dass er das Copyright nicht verletzt hat. Ein Vorteil, wenn alles gleich tönt: Es kann auch niemand das Anrecht auf Originalität erheben.

veröffentlicht: 13. Juli 2024 13:22
aktualisiert: 13. Juli 2024 13:22
Quelle: FM1Today

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