Schon im zweiten und dritten Jahrzehnt unserer Zeitrechnung sind vom römischen Militär an der Limmat erste Heilthermenanlagen gebaut worden und es entstand die Siedlung «Aquae Helveticae». Belegt ist dies über verschiedene Steininschriften, die zum Teil schon im Mittelalter entdeckt und beschrieben wurden. «‹Aquae Helveticae› war sozusagen der Kur- und Erholungsort des nahen Legionärslagers Vindonissa in Windisch», sagt der Aargauer Kantonsarchäologe Thomas Doppler.
Die Bauarbeiten für den vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta entworfenen Thermalbad-Komplex brachten es mit sich, dass die archäologische Forschung im Bäderquartier von Baden in den letzten 15 Jahren intensiviert wurde. Die Funde aus Baden seien eine wichtige Ergänzung zu den Grabungen in Windisch, weil sie andere Themen wie Freizeit und Erholung beträfen.
Bereits damals gab es Souvenirs aus Baden
Zu den wichtigsten Fundstücken zählt der bronzene Beschlag einer Messerscheide des römischen Schmieds Gemellianus, der wohl in der Umgebung von Baden tätig war. Er versah seine Arbeiten mit seinem Namen und «AQUIS HE», wobei «HE» als Abkürzung für «Helveticae» zu verstehen ist. Solche Souvenirs sind auch von anderen, beliebten Badeorten und religiösen Zentren aus dieser Zeit bekannt.
Zuerst kamen die Touristen über die Limmat, dann per Zug
Ganz besonders sei an Baden, dass es dank seiner Heilquellen über die Römerzeit hinaus eine grosse Bedeutung behalten habe. «Baden war vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit hinein einer der bedeutendsten Badeorte Europas», sagt Doppler, «und es war ein Anziehungspunkt für viele Prominente».
Um das Jahr 1030 tauchte erstmals die Ortsbezeichnung «ze badun» auf, althochdeutsch für «bei den Bädern». In derselben Zeit wurde die Dreikönigskappelle gebaut. Ein Ersatzbau befindet sich heute gegenüber dem Haupteingang des Botta-Bades. Nicht nur die Habsburger kurten in Baden, auch die Eidgenossen, die 1415 einmarschierten, schätzten das wohlig warme Thermalwasser.
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Um 1830 entstanden neuzeitliche Badehotels, 1838 wurde ein Armenbad eröffnet. Wer von weiter her anreiste, tat dies oft auf dem Wasserweg über die Limmat. Eine Hochkonjunktur begann 1847 mit der Eröffnung des Bahnhofs, womit Besucher aus halb Europa die Bäder viel schneller und komfortabler erreichen konnten.
Mit dem Aufstieg der Industrie, besonders der 1891 gegründeten Brown, Boveri & Cie (BBC), verloren die Heilbäder an wirtschaftlicher Bedeutung für die Aargauer Stadt. Grosse Auswirkungen hatte auch der erste Weltkrieg, weil die ausländischen Gäste ausblieben. Später trugen andere Reiseziele sowie Fortschritte in Medizin und Pharmazie zum Rückgang des Kur-Tourismus bei.
Wieder über 300'000 Gäste im Jahr
Nach einer jahrzehntelangen Flaute hat die 2021 fertiggestellte Wellness-Therme «Fortyseven» neuen Schwung in das Bäderquartier gebracht. Nach eigenen Angaben haben letztes Jahr über 300'000 Personen die nach dem 47 Grad warmen Wasser benannte Therme besucht, Tendenz steigend. Genutzt wird das Thermalwasser auch in verschiedenen Badehotels sowie in öffentlichen, gratis zugänglichen Badebrunnen.
Im Buch «Ubi aqua - ibi bene (Die Bäder von Baden im Aargau im Licht der archäologischen Untersuchungen 2009–2022)» der Kantonsarchäologie Aargau hat Archäologin Andrea Schaer den aktuellen Stand der Erkenntnisse zusammengetragen.
Der lateinische Titel ist mit «Wo Wasser ist, ist Gutes» zu übersetzen. Voraussichtlich 2026 werden in einem zweiten Band weitere wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht. Zielgruppe ist – neben Forschenden – auch die breite Öffentlichkeit. Das Buch kann gedruckt gekauft oder kostenlos heruntergeladen werden.
(sda)