Aargau/Solothurn

Abstimmung vom 24. November 2024: Aargau stimmt über Stimmrechtsalter 16 ab

Abstimmung

Der Aargau befindet über Stimmrechtsalter 16 – die Vorlage in der Übersicht

· Online seit 04.11.2024, 07:57 Uhr
Sollen im Kanton Aargau künftig bereits 16-Jährige abstimmen dürfen? Dies verlangt eine Initiative mehrerer Jungparteien, die am 24. November an die Urne kommt. Was Befürworter und Gegner zur Vorlage sagen, und warum sie einen schweren Stand hat.
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Worum geht es? 

Offiziell heisst die Initiative «Für eine Demokratie mit Zukunft (Stimmrechtsalter 16 im Aargau)». Sie wurde im Februar 2023 mit 3184 gültigen Unterschriften bei der Staatskanzlei eingereicht. Das Anliegen ist vermeintlich simpel: Die Initianten fordern die kantonale Einführung des aktiven Wahl- und Stimmrechts ab 16 Jahren. Betreffen würde dies Wahlen und Abstimmungen auf kantonaler und kommunaler Ebene. Das heisst, im Aargau dürften neu alle Stimmberechtigen ab dem 16. Altersjahr ihre Stimme zum Beispiel bei den Neuwahlen des Grossen Rats oder des Regierungsrats abgeben. Oder auch bei Abstimmungen, wie zuletzt etwa zum neuen Klimaparagrafen in der Aargauer Kantonsverfassung.

Um in den Grossen Rat, in den Regierungsrat, in die Gerichte oder in durch die Kantonsverfassung festgelegte Ämter gewählt zu werden, müsste man hingegen weiterhin mindestens 18 Jahre alt sein.

Das sagen die Befürworter

Für die Initiantinnen und Initianten ist klar: Stimmrechtsalter 16 hilft der Demokratie. «Die demokratische Mitsprache gehört zu den essenziellsten Rechten», heisst es beim Initiativkomitee, das aus Vertretern der Jungparteien der EVP, Grünen, Grünliberalen, Mitte sowie Jungfreisinnigen und Juso besteht. Je mehr Personen einbezogen würden, desto breiter seien Entscheidungen abgestützt, so ihre Idee. Zudem seien junge Menschen durchaus fähig, Verantwortung zu übernehmen: «16- und 17-Jährige sind voll urteilsfähig, in den Berufsalltag eingebunden und treffen auch schwierigere und folgenschwerere Entscheide als das Ausfüllen eines Wahl- oder Stimmzettels.» Ausserdem würde mit dem tieferen Stimmrechtsalter auch das Interesse an Politik bei Jugendlichen gefördert, sind die Initiantinnen und Initianten überzeugt.

Das sagen die Gegner

Das Nein-Komitee wird von der Jungen SVP angeführt. Die Gegnerinnen und Gegner sehen keinen Grund, das aktuelle System zu ändern, denn es habe sich bewährt. Zudem sei die Stimmbeteiligung bei jungen Menschen ohnehin bereits sehr tief, eine weitere Senkung des Stimmrechtsalters würde dieses Problem nicht lösen. Im Gegenteil könnten Jugendparlamente und Jugendorganisationen künftig aussterben, wenn bereits Jugendliche an die Urne dürften. Ausserdem befürchten die Gegner, dass mit Stimmrechtsalter 16 auch die Tür für ein Ausländerstimmrecht geöffnet werden könnte.

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Das empfehlen Parlament und Regierung

Der Grosse Rat sprach sich im Juni mit 75 zu 58 Stimmen gegen die Initiative aus. Allerdings ging dem Entscheid eine längere Diskussion voraus, in der sich SVP, FDP und die Mitte gegen die Initiative aussprachen, dafür votierten SP, Grüne und GLP.

Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage argumentierten, dass in der Schweiz Rechte und Pflichten für mündige Personen eng miteinander verknüpft sind. 16- und 17-Jährige dürften beispielsweise auch keine Verträge unterschreiben. So solle das Stimmrechtsalter weiterhin dem Mündigkeitsalter entsprechen. Zudem könnten sich Jugendliche bereits jetzt politisch engagieren, etwa in Vereinen, Jungorganisationen oder Jugendparlamenten.

Befürworter hingegen plädierten dafür, dass Jugendlichen mehr zugetraut werden könne und sie selber schliesslich am längsten mit politischen Entscheiden von heute leben müssten. Und weil die Bevölkerung immer älter werde, seien Junge in der politischen Meinungsbildung zunehmend untervertreten.

Auch der Regierungsrat empfiehlt, am 24. November ein Nein in die Urne zu legen. Das Stimmrechtsalter soll weiterhin dem Mündigkeitsalter entsprechen, befand auch die Aargauer Regierung. Zudem will sie keine unterschiedlichen Regeln zwischen Bund, Kanton und Gemeinden.

Das sagt der Experte

Laut Daniel Kübler, Politologe am Zentrum für Demokratie Aarau, spricht wenig gegen Stimmrechtsalter 16. «Es würde vermutlich an den politischen Inhalten nicht viel ändern, wenn das Stimmrechtsalter gesenkt würde. Es würde aber dafür sorgen, dass die politische Gemeinschaft wächst und auch 16- und 17-Jährige umfasst», so Kübler.

Ein Blick in andere europäische Länder zeigt: Stimmrechtsalter 16 ist keine Seltenheit. So können etwa 16-jährige in Österreich, Griechenland und einigen skandinavischen Ländern auf nationaler Ebene mitbestimmen. In der Schweiz dürfen 16- und 17-Jährige bisher erst im Kanton Glarus an die Urne.

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Auswertungen des Zentrums für Demokratie Aarau zeigen: 16- und 17-Jährige Glarnerinnen und Glarner nehmen im Vergleich zu anderen Altersgruppen eher unterdurchschnittlich am politischen Leben teil. Und doch sagt Studienautor Kübler: «Das Beispiel des Kantons Glarus zeigt sehr gut, dass es aus pragmatischer Sicht keinen Nachteil gibt, wenn das Stimmrechtsalter gesenkt wird.» Zwar hätten sich die grossen Hoffnungen, die Jugend stärker zu politisieren, nicht erfüllt, doch gravierende Schäden seien auch nicht aufgetreten.

Initiative hat einen schweren Stand

Dennoch dürfte die Initiative kaum Chancen haben. Einerseits, weil sie sowohl vom Aargauer Parlament als auch von der Regierung abgelehnt wird. Andererseits, weil in den vergangenen Jahren dasselbe Begehren in anderen Kanton klar abgelehnt wurde, so etwa in Zürich und Uri. Und zuletzt hat auch der Nationalrat das Stimmrechtsalter 16 auf nationaler Ebene bachab geschickt.  Es ist deshalb gut möglich, dass der Vorlage im Kanton Aargau am 24. November dasselbe Schicksal zuteilwird.

veröffentlicht: 4. November 2024 07:57
aktualisiert: 4. November 2024 07:57
Quelle: ArgoviaToday

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