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Freigrenze sinkt ab Januar auf 150 Franken: Das musst du beim Shopping im Ausland beachten

Keine Steuer-Privilegien mehr

Freigrenze sinkt auf 150 Franken: Was muss ich jetzt beachten?

· Online seit 18.10.2024, 04:45 Uhr
Ab Januar sollen die Anreize für Schweizer Einkaufstouristen, in den Nachbarländern nach Herz und Laune zu shoppen, massiv erschwert werden. Das mit der Senkung der Wertfreigrenze von 300 auf 150 Franken. Was bedeutet das nun und was kann ich dagegen tun? Alle wichtigen Fragen und Antworten.

Quelle: TeleZüri / Nicole Disler / Lea Hilff / CH Media Video Unit / Linus Bauer

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Wer im Ausland einkauft, muss künftig die Waren bereits ab 150 Franken verzollen. Der Bundesrat wird zum 1. Januar 2025 die Wertfreigrenze halbieren. Warum wird das jetzt umgesetzt, was gilt bei Onlineeinkäufen und welche Tricks gibt es dagegen? Wir klären die wichtigsten Fragen und Antworten.

1. Was ändert sich jetzt konkret? 

Der Bund senkt zum 1. Januar 2025 die Wertfreigrenze. Diese legt fest, ab welchem Betrag an importierten Artikeln die Schweizer Mehrwertsteuer fällig wird. Das heisst also konkret: Statt 300 Franken soll künftig nur noch Ware im Wert von 150 ohne Schweizer Mehrwertsteuer in die Schweiz eingeführt werden dürfen. Damit müssen laut einer Schätzung der Universität St.Gallen etwa doppelt so viele Einkäufe wie bisher am Zoll versteuert werden.

2. Was soll die Halbierung bewirken? 

Mit dieser Verordnungsänderung soll der Einkaufstourismus reduziert werden, wie der Bundesrat mitteilt. Damit erfülle die Landesregierung einen Auftrag aus der zuständigen Nationalratskommission und zwei Standesinitiativen. So will der Bund das Einkaufen ennet der Grenze unattraktiver machen. Ob aber weniger eingekauft werde oder aber weniger Waren aufs Mal und dafür öfter, könne nicht beurteilt werden. Und ebenso wenig, ob die mitgebrachte Ware korrekt versteuert werde.

3. Wie kam es dazu?

Mehrere Parteien, eine Mehrheit der Kantone und der Wirtschaftsvertreter haben in der Vernehmlassung die vorgeschlagene Senkung begrüsst, wie der Bundesrat schreibt. Demnach haben sich von den Grünen bis zur SVP die Parteien mehrheitlich für die Halbierung ausgesprochen. Laut «Tages-Anzeiger» hat sich einzig die SP energisch dagegen ausgesprochen, mit Hinweis auf die Kaufkraft. Es gebe schliesslich Menschen, die auf den günstigen Einkauf ennet der Grenze angewiesen sind.

Die Wirtschaftskommission des Ständerats hat sogar für eine Senkung auf 100 Franken votiert. Eine Wertfreigrenze auf diesem Niveau würde laut Bundesrat unverhältnismässigen Mehraufwand für das Verzollen und die Kontrollen am Zoll auslösen. Mit der Senkung erfülle die Landesregierung nun den Auftrag aus der zuständigen Nationalratskommission und zwei Standesinitiativen, heisst es.

4. Was ist die Bagatellgrenze? 

Seit 2020 gilt in Deutschland eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Somit bekommen Schweizer Einkaufstouristen erst ab einem Einkauf von 50 Euro die Mehrwertsteuer zurück. Da diese von den jeweiligen Ländern beschlossen wird, sind diese unterschiedlich hoch. In Italien beträgt sie aktuell 70 Euro, in Österreich 75 Euro und in Frankreich liegt sie bei 100 Euro.

5. Kommt es ab Januar zum Verkehrschaos an der Grenze? 

Der Zoll wird vermehrt kontrollieren müssen. Dafür wird auch mehr Personal eingebunden. Daher könne es unter Umständen auch zu Verkehrsbehinderungen und Stau kommen. Privatpersonen können ihre Waren mit der Verzollungs-App «QuickZoll» selbstständig zur Einfuhr anmelden und allfällige Abgaben direkt über die App entrichten. Die App soll Zollbeamte entlasten und den Vorgang beschleunigen, die Mehrwertsteuer und die Zölle abzurechnen.

Die App soll jetzt aber erweitert werden, damit sie künftig auch die reduzierte Mehrwertsteuer für Lebensmittel und Bücher miteinbezieht. Das ist aber wahrscheinlich erst ab 2026 möglich.

6. Gelten die Regeln auch für Online-Einkäufe aus dem Ausland? 

Wenn die Ware direkt vom Online-Händler an die Schweizer Post-Adresse geschickt wird, gilt für diese Sendungen der Standard-Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent, während für bestimmte Waren des täglichen Bedarfs (wie Bücher und Lebensmittel) der reduzierte Satz von 2,6 Prozent angewendet wird. Diese Freigrenzen liegen in der Regel bei 62 Franken für den Standardsteuersatz und 193 Franken für den reduzierten Steuersatz.

Auch für Geschenke aus dem Ausland gilt ab 2025 die neue Freigrenze von 150 Franken pro Person und Tag. Sollte der Wert des Geschenks diesen Betrag überschreiten, fällt ebenfalls die Schweizer Mehrwertsteuer an, entsprechend dem gültigen Steuersatz für die jeweilige Warengruppe.

7. Und wenn ich eine deutsche Lieferadresse angebe und mein Paket selbst einführe?

«Wenn Sie ein Paket aus Deutschland in einem Paketshop abholen und anschliessend persönlich in die Schweiz einführen, gilt die neue Freigrenze von 150 Franken pro Person und Tag, die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tritt», erklärt Simon Kühn, Inhaber von MyPaketshop in Bad Säckingen, auf Anfrage.

Diese Regelung betrifft demnach alle Waren, die zum privaten Gebrauch oder als Geschenke eingeführt werden. Sobald der Warenwert diesen Betrag übersteigt, wird die Schweizer Mehrwertsteuer fällig. Einen Ausfuhrschein gibt es beim Online-Shopping nicht. Die Rechnung der eingeführten Ware muss direkt vom Zoll abgestempelt werden.

8. Lässt sich die neue Wertfreigrenze irgendwie umgehen?

Freilich – aber nicht direkt. Man kann häufiger nach Deutschland fahren und jedes Mal weniger einkaufen als man es aktuell noch gewohnt ist. Pro Tag und pro Person kann die Wertfreigrenze nur einmal geltend gemacht werden.

9. Kann ich mehr steuerfrei einkaufen, wenn ich gleich mehrere Personen dabei habe?

Genau, die Wertfreigrenze gilt nämlich pro Person – auch für Kinder. Eine dreiköpfige Familie kann aktuell noch für 900 Franken einkaufen, ohne an der Grenze mehrwertsteuertechnisch belangt zu werden. Ab Januar 2025 sind es dann nur noch 450 Franken.

Allerdings kann die Freigrenze nicht aufgeteilt werden. Das bedeutet, kostet ein Gegenstand mehr als 150 Franken, muss dieser versteuert werden. Auch wird die Mehrwertsteuer auf dem gesamten Betrag fällig, wenn er über dem Limit liegt. Die 150 Franken können also nicht abgezogen werden.

10. Wie sehen das die Detailhändler hierzulande? 

Die Meinungen sind geteilt. Die Swiss Retail Federation und der Bauernverband wollten gar eine Senkung von 50 Franken. Sonst werde sich «keine oder eine sehr kleine Wirkung» zeigen, schreibt der «Tages-Anzeiger». Der Wirteverband Gastro Suisse schlug eine Grenze von 100 Franken vor.

Die Stiftung für Konsumentenschutz ist mit dem Entscheid gar nicht einverstanden. Im April 2024 hat sie sogar eine Petition mit gut 6500 Unterschriften eingereicht, um den Bund dazu zu bewegen, die Wertfreigrenze ganz abzuschaffen. Ihrer Meinung nach führe dies zu Mehrverkehr am Zoll und zu unnötiger Bürokratie.

11. Und ennet der Grenze? 

Bislang profitieren Shoppingcenter entlang der Schweizer Grenze von der Schweizer Kundschaft. In Grenznähe wurde zuletzt vermehrt auf wahre Shopping-Tempel gesetzt. Gab es in Weil am Rhein lange nur das Rheincenter, so kamen in den letzten Jahren mit der Insel und der Dreiländergalerie grosse Zentren dazu. In Bad Säckingen oder Laufenburg sind die Parkplätze vor dem Hieber-Frischecenter stets gut besucht. Jedoch ist die Einkaufslust ennet dem Rhein schon seit Jahren rückläufig. Das haben deutsche Einzelhändler in der Vergangenheit bereits enorm gespürt und werden dies auch nun noch drastischer spüren, ist sich die Konstanzer IHK-Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bussmann sicher. «Wir sehen dem nicht mit Freude entgegen. Ich gehe von negativen Auswirkungen auf den hiesigen Handel aus», sagt sie gegenüber dem «Südkurier». Es werde spürbare Effekte geben. Die Kaufkraft der Schweizer und Schweizerinnen beläuft sich gesamthaft auf bis zu acht Milliarden Euro.

veröffentlicht: 18. Oktober 2024 04:45
aktualisiert: 18. Oktober 2024 04:45
Quelle: ArgoviaToday

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