Aargau/Solothurn

Vom Wallis in den Aargau unterwegs: Wegen Fotos kollidieren 2 Flugzeuge – jetzt ist der Unfallbericht da

Wegen Fotos

Zwei Flugzeuge kollidieren in der Luft – Bericht zeigt, wie es zum Unfall kam

· Online seit 07.10.2024, 17:57 Uhr
Ende Januar mussten zwei Kleinflugzeuge in Emmen notlanden, weil sie zuvor miteinander kollidiert waren. Nun hat die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) ihren Bericht herausgegeben, der aufzeigt, wie es zum Unfall kam.
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Im Luftraum des Gebiets Seetal/Sempachersee im Kanton Luzern ist es an einem Sonntag im Januar zu einer Berührung von zwei Kleinflugzeugen gekommen. Dabei wurden bei einem Flugzeug der Propeller, die Flugzeugnase sowie das Cockpitfenster beschädigt. Beim anderen Flugzeug war der Propeller und das rechte Rad kaputt.

Sachschaden von rund 150'000 Franken

Die beiden Privatflugzeuge konnten in Emmen notlanden, wobei eines auf dem Militärflugplatz, das andere im Wiesland im Gebiet Waltwil aufsetzte, wie die Luzerner Polizei im Januar in einer Mitteilung schrieb. In den beiden Flugzeugen, die in Raron im Wallis gestartet und in Richtung Flugplatz Birrfeld unterwegs waren, befanden sich insgesamt fünf Personen.

Eine Frau wurde zur Kontrolle mit dem Rettungsdienst in ein Spital gebracht, die anderen Personen blieben unverletzt, wie die Polizei weiter schrieb. An den beiden Maschinen entstand ein Sachschaden in der Höhe von rund 150'000 Franken.

Piloten wollten Fotos machen

Die Sust war zuständig für die Sicherheitsuntersuchung und veröffentlichte nun ihren Bericht. Darin heisst es, dass die beiden am Unfall beteiligten 50- und 60-jährigen Piloten befreundet seien und sie beide bereits mehrere gemeinsame Ausflüge in der gleichen Konstellation gemacht hatten und dadurch die beiden ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut hatten. «Sie gingen stets davon aus, dass das vorausfliegende Flugzeug die Richtung, Höhe und Geschwindigkeit beibehält, wobei es die Aufgabe des Piloten des nachfolgenden Flugzeuges war, einen ausreichenden Abstand sicherzustellen», heisst es in dem Bericht.

Der Pilot des einmotorigen Tiefdeckers des Musters Piper PA-28R-201T «Arrow» und der Pilot des einmotorigen Canards5 des Musters Gyroflug SC01 «Speed Canard» planten einen Flug vom Flugplatz Raron ausgehend über den Furkapass, Andermatt, Zugersee in Richtung Flugplatz Birrfeld. Beim gemeinsamen Briefing am Walliser Flugplatz wurden die Details des Fluges besprochen. Geplant war auch, dass in der Luft Fotos vom jeweils anderen Flieger geschossen werden sollten. Anschliessend starteten die beiden Flugzeuge kurz nach 16 Uhr im Abstand von rund fünf Minuten. An Bord des ersten Fliegers sassen neben dem Piloten noch zwei weitere Passagiere, im zweiten waren es der Pilot und ein Passagier.

Kleine Turbulenzen auf dem Weg zum Birrfeld

Zunächst lief alles nach Plan. Laut dem Sust-Bericht überflogen sie Andermatt, waren dann auf dem Weg zu den Bergspitzen des Mythen und flogen weiter in Richtung Seetal. Sie machten ihre Fotos und die Piloten hatten Sicht- und Funkkontakt, auch die Sonne, die zu dem Zeitpunkt knapp über dem Horizont stand, blendete die Piloten nicht. Zwar soll es leichte Turbulenzen gegeben haben, aber nichts Beunruhigendes, wie beide Piloten zu Protokoll gaben.

Um weitere Fotos im Sonnenuntergang zu ermöglichen, teilte der Piper-Pilot seinem Kollegen mit, dass er seinen Flieger hinter und über ihn hinweg auf die andere Seite manövrieren würde. Zu dem Zeitpunkt hatte der Pilot der Gyroflug keinen Sichtkontakt mehr zur Piper. Nach einem Manöver verlor auch der Piper-Pilot den Sichtkontakt. Dies wurde allerdings nicht kommuniziert. Plötzlich «prallten die beiden Flugzeuge für beide Flugbesatzungen völlig unerwartet in einer vertikalen Bewegung aufeinander», heisst es weiter. Dabei kollidierte der obere, vordere Rumpfteil und der Propeller der Piper mit dem unteren, hinteren Rumpfteil sowie dem Hauptfahrwerk und dem Propeller der Gyroflug.

Notlandung im Wiesland

Der Pilot der Piper bemerkte, dass der Motor stillstand, der Propeller beschädigt war und ein Teil der Windschutzscheibe fehlte. Auch der automatische Notsender wurde ausgelöst. Der Flieger blieb aber steuerbar und konnte in eine Gleitfluglage gebracht werden. Auch die Gyroflug-Maschine war rasch kontrollierbar. Beide Piloten entschieden sich für eine Notlandung auf dem nahegelegenen Militärflugplatz Emmen. Die Piper konnte aber wegen der Beschädigungen die Landebahn nicht erreichen und führte eine Notlandung im Wiesland aus. Die Gyroflug konnte erfolgreich landen.

Ein Briefing der beiden Piloten ist für sogenannte Verbandsflüge, also für das Fliegen in Formation, essenziell, wie es im Bericht heisst. Aber «der Umstand, dass der Verlust des Sichtkontaktes des anderen Flugzeuges nicht sofort gemeldet wurde sowie kein sofortiges Manöver zur Gewährleistung eines sicheren Abstandes zwischen den Flugzeugen erfolgte, lässt darauf schliessen, dass der Ablauf nur unzureichend besprochen wurde». Zusammengefasst zeige der vorliegend untersuchte Unfall, dass ein Verbandsflug anspruchsvoll ist und entsprechender Kenntnisse und Vorbereitung bedarf.

Zu wenig Beachtung und unzweckmässiges Manöver

Die Sust kommt demnach zu dem Ergebnis, dass der Unfall, bei dem zwei Leichtflugzeuge während des Reisefluges miteinander kollidierten, auf den Verlust des Sichtkontakts bei einem Seitenwechsel im Verbandsflug zurückzuführen sei. Auch den Risiken, die so ein Verbandsflug mit Positionswechsel mit sich bringt, sei zu wenig Beachtung geschenkt und beim Briefing nicht ausreichend besprochen worden. Dies zeige sich in der unzweckmässigen Wahl des Flugmanövers für einen Seitenwechsel und im Fehlen von vorgängig festgelegten und besprochenen Massnahmen bei einem Verlust des Sichtkontaktes während des Verbandsfluges.

(sib)

veröffentlicht: 7. Oktober 2024 17:57
aktualisiert: 7. Oktober 2024 17:57
Quelle: ArgoviaToday

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