Aargau/Solothurn

Feldlerchen-Schutz im Aargau: Politische Debatte um Grossveranstaltungen

Naturschutz

Feldlerche im Aargau: Politische Debatte um die Zukunft von Grossveranstaltungen

11.09.2024, 08:59 Uhr
· Online seit 11.09.2024, 05:00 Uhr
Nachdem die bedrohte Feldlerche die Verlegung des Argovia Fäschts erzwungen hatte, steht sie nun im Zentrum einer politischen Diskussion. Der Kanton plant verstärkte Schutzmassnahmen, um die Feldlerche während der Brutzeit vor Grossveranstaltungen, aber auch vor streunenden Hunden zu schützen.
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Die Feldlerche ist derzeit der wohl berühmteste Vogel im Aargau. Als bedrohte Art, die am Boden brütet, geniesst die Feldlerche besonderen Schutz – was dazu führte, dass das Argovia Fäscht im Sommer 2023 von seinem traditionellen Standort im Birrfeld nach Wohlen verlegt werden musste.

Rückkehr in kleinerem Rahmen

Obwohl das Argovia Fäscht im Jahr 2024 pausierte, kehrte das Argovia Beizlifäscht in einem kleineren Format ins Birrfeld zurück. Der neue Standort lag einige hundert Meter östlich des ursprünglichen Geländes, auf der anderen Seite der Autobahn A1. Dieser Standortwechsel war ein Kompromiss, den Veranstalter Marco Kugel einging, nachdem Vogelschützer eine Beschwerde gegen die Gemeinde Birrhard eingereicht hatten. Trotz der Herausforderungen konnte das Fest am 22. Juni 2024 erfolgreich durchgeführt werden.

Quelle: ArgoviaToday / Selina Urech / Severin Mayer

Politische Diskussion um den Schutz der Feldlerche

Der Schutz der Feldlerche bleibt ein politisch brisantes Thema im Aargau. GLP-Grossrat Matthias Betsche brachte die Angelegenheit in den Grossen Rat und stellte eine Anfrage zur Förderung und zum Schutz der Feldlerche.

Die Antwort des Regierungsrates zeigt, dass die Zahl der Brutpaare im Aargau drastisch zurückgegangen ist – von 400 im Jahr 2011 auf etwa 200 im Jahr 2021. Auch das Verbreitungsgebiet der Feldlerche hat sich deutlich verkleinert.

Besonders wichtige Brutgebiete für die Feldlerche sind das Birrfeld und das Ruckfeld, die beide zu den grossflächigen Ackerbaugebieten zählen. Diese Gebiete spielen eine zentrale Rolle im Schutzprogramm des Kantons, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Feldlerche während der Brutzeit von Mitte April bis Mitte Juli bestmöglich zu schützen.

Genehmigungen und künftige Sensibilisierung

Im Rahmen der Interpellation wurde auch die Frage aufgeworfen, ob Veranstaltungen wie unter anderem das Argovia Beizlifäscht eine Baubewilligung benötigen. Der Regierungsrat stellte klar, dass bei eintägigen oder Wochenendveranstaltungen in der Regel keine Baubewilligung erforderlich ist. Die Veranstaltungsbewilligungen werden in diesen Fällen von den jeweiligen Gemeinden erteilt. Sollte eine Veranstaltung jedoch im Wald stattfinden, ist zusätzlich eine spezielle Bewilligung gemäss dem kantonalen Waldrecht notwendig.

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Um die Sensibilisierung für den Schutz der Feldlerche weiter zu erhöhen, plant der Kanton Aargau, ein seit 2004 bestehendes Merkblatt zu überarbeiten und an alle Aargauer Gemeinden zu verteilen. Besonders Gemeinden mit bekannten Feldlerchen-Vorkommen sollen gezielt auf die Problematik von Veranstaltungen während der Brutzeit hingewiesen werden. Ziel ist es, sowohl Veranstalter als auch Gemeinden stärker für den Schutz dieser bedrohten Vogelart zu sensibilisieren und sicherzustellen, dass zukünftige Veranstaltungen im Einklang mit dem Naturschutz stehen.

«Wenn wir nichts unternehmen, verschwindet die Feldlerche im Aargau»

«Man sieht nun, dass es der Feldlerche im Aargau sehr schlecht geht», sagte GLP-Grossrat Matthias Betsche gegenüber ArgoviaToday, «die Brutbestände sind regelrecht zusammengebrochen. Die Zahlen des Regierungsrates zeigen, dass die Feldlerche im Aargau früher oder später verschwindet, wenn man nichts unternimmt.» Deshalb sei es wichtig, dass man die Massnahmen zur Förderung der Biodiversität weiterführe, auf die man sich mit der Landwirtschaft geeinigt habe. «Diese Bemühungen der Landwirtschaft für die Feldlerche können nicht genug wertgeschätzt werden», so der Grossrat, 

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Man müsse aber auch Lösungen finden, mit Veranstaltungen wie dem Argovia Fäscht. «Eine grosse Veranstaltung mitten im Brutgebiet zu dem Zeitpunkt, wenn die Feldlerche geschont werden muss, wäre verheerend für die paar wenigen Feldlerchen, die wir im Aargau noch haben.» Grundsätzlich zeige er sich aber zufrieden mit der Antwort des Regierungsrats, so Betsche am Dienstag im Grossen Rat.

Negative Auswirkungen für den Aargau 

Argovia-Beizlifäscht-Organisator Marco Kugel begrüsst ebenfalls die Antwort, dass Veranstaltungen in der Regel eine polizeiliche Bewilligung benötigen. Dazu sagt er auf Anfrage, dass Anlässe weiterhin von den betroffenen Gemeinden bewilligt werden sollen. Sollte sich das ändern und Events wie das Beizlifäscht oder ein Schwingfest künftig einer Baubewilligungspflicht unterliegen, könne das massive Auswirkungen für Veranstalterinnen und Veranstalter haben. «Grosse Veranstalter können das noch stemmen, aber für Vereine wird das dann schwierig. Das sind Hürden für jedes Turnfest oder Festival, die zu erheblichen Mehrkosten und längerer Planung führen können. Es wird zu mehr Einsprachen kommen, welche die Arbeit verzögern und Verfahren verlängern», sagt Kugel. Dazu würde es die Bauämter belasten, die jetzt schon vor lauter Arbeit kaum noch Luft haben. «Eine Baubewilligungspflicht für Grossanlässe würde den Kanton als Veranstaltungsort unattraktiv machen.»

Dass die Massnahmen zum Schutz der Feldlerche weitergeführt werden, findet Kugel richtig. «Aus der Erfahrung heraus und mir als Veranstalter leuchtet ein, dass während der Brutzeit keine Grossanlässe in den betroffenen Zonen durchgeführt werden sollen», so Kugel weiter.

Gefahr durch freilaufende Hunde

Laut Matthias Betsche gibt es auf dem Birrfeld aber noch ein anderes Problem für die Feldlerche, nämlich die frei laufenden Hunde der Spaziergängerinnen und Spaziergänger. «Das ist ein grosses Problem für die Feldlerche, weil sie bekanntlich am Boden brütet. Streunende Hunde sind deshalb in der Brutzeit eine grosse Gefahr. Auch da müssen wir eine Lösung finden.» Deshalb sei es wichtig, dass alle Involvierten etwas dazu beitragen, damit die Feldlerche im Aargau erhalten bleibt.

veröffentlicht: 11. September 2024 05:00
aktualisiert: 11. September 2024 08:59
Quelle: ArgoviaToday

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